Internationale Orientierung und nationale Aufgabe – Pfadfinderpädagogik der Gründungsphase
Dr. Christoph Schubert-Weller, Bodmann
Tagungsband 2010, S. 25-36
Zusammenfassung:
Freiheitlichkeit, Friedfertigkeit und Autonomie sind im Scouting von vornherein angelegt, obwohl die Pfadfinderbewegung in England zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wenige Zeit später auch in Deutschland zunächst einen wenig autonomen, wenig freiheitlichen und nicht einmal sonderlich friedfertigen Weg geht. Die Anfänge der Pfadfinderbewegung sind eingebettet in eine jeweilige Form militärischer Jugendertüchtigung mit nationalem Pathos. In Deutschland gibt es seit 1890 entsprechende jugendpflegerische Ansätze, die Pfadfinderbewegung in Deutschland wird von diesen Ansätzen in Dienst genommen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg kommt es zu einer wirklich autonomen Entwicklung.
Beim Scouting geht es in dessen Anfängen unübersehbar um Disziplinierung, um die Erziehung zu gesellschaftlicher Konformität, und schließlich um die Ertüchtigung zu nationaler Verteidigungsbereitschaft. Erziehung und Disziplinierung verweisen auf das Verständnis vom Jugendalter als „delinquenzverdächtige Lebensphase“. Hier sind helfende Hände nötig, damit die Jungen den rechten Weg wählen. Der rechte Weg ist der gesellschaftskonforme Weg, der Weg, der die nationale Verteidigungsbereitschaft verbessert, der Weg der Ertüchtigung, die Hebung der Volksgesundheit, der Weg der Wohlanständigkeit. Gleichzeitig darf beim „rechten Weg“ ein ausreichendes Maß an Abenteuer und Sehnsucht mit eine Rolle spielen. Das Menschenbild im Scout-Modell ist, trotz der militärpädagogischen Herkunft des Modells und bei mancher Anfälligkeit für fragwürdige politische Indienstnahme ein grundsätzlich aufgeklärtes Menschenbild. Es ist damit auch ein breit anwendbares, gewissermaßen internationales Erziehungsmodell.